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 TEMPELHOF
THF bis 1923
THF ab 1923
THF ohne Zukunft?
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DAS TEMPELHOFER FELD BIS 1923
 

Es war einmal, draußen vor der großen Stadt

Berlins Bezirk Tempelhof und damit auch sein Flughafen verdanken ihren Namen den Tempelherren, christlichen Ordensrittern, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts am Nordrand des Teltower Höhenzuges die Ordens-komturei Tempelhof errichteten und sich friedlich kolonisatorischen und wirtschaftlichen Aufgaben widmeten. Im Schutze der Wehranlage des geistlichen Ritterordens legten Bauern das Angerdorf Tempelhoffe/ Tempelhoven an.

Nach der Auflösung des Templerordens im Jahre 1312 übernehmen die Johanniter das Land, 1435 verkaufen sie es nach Zwistigkeiten mit der Doppelstadt Berlin/Cölln an diese weiter. Bereits 1722 entdeckt "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. die freie Fläche als Exerzier- und Paradeplatz, doch erst 1826/27 wird das Tempelhofer Feld vom preußischen Staat gekauft und endgültig Truppenübungsplatz und Paradefeld des preußischen Militärs.


 

Die ersten heben ab

Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts nutzen Flugpioniere das Tempelhofer Feld für ihre mutigen Unternehmungen. Der schweizer Maler Arnold Böcklin wagt sich 1883 mit einem motorlosen Flugzeug an den Start, jedoch ohne Erfolg. Am 12. Juni 1897 kommen der Konstrukteur Dr. Hermann Wölfert und sein Mechaniker Robert Knabe ums Leben, als ihr durch einen von Daimler hergestellten 8-PS-Benzinmotor angetriebenes Luftschiff "Deutschland", das seinen Erstflug bereits 1888 absolviert hatte, in der Luft explodiert. Am 3. November desselben Jahres stürzt das mit einem 12-PS-Daimlermotor und einer Hülle aus Aluminiumfolie ausgestattete Ganzmetall-Luftschiff des österreichischen Holzhändlers David Schwarz bei seinem Jungfernflug ab, der Pilot bleibt jedoch unverletzt.


 

Freizeitspaß und Grundstücksdeals

In anderen Bereichen des riesigen, damals noch wesentlich größeren Areals, betätigt man sich sportlich: Mit "Germania 1888" wurde der erste Fußballclub Deutschlands gegründet, im Norden gab es fest angelegte Tennisplätze, einen Minigolfplatz und im Winter eine Schlittschuhbahn, schon 1830 war eine Pferderennbahn entstanden und ab 1926 fanden in der "Rüttarena" Radrennen statt.

1910 verkaufte die preußische Militärverwaltung im Zuge eines von der zeitgenössischen Presse als "größtes Grundstücksgeschäft der Welt" bezeichneten Vertrages den Westteil des Tempelhofer Feldes für die damals unfaßbare Summe von 72 Millionen Goldmark an eine Grundstücksgesellschaft. Die "Tempelhofer Feld AG für Grundstücks-verwertung" existiert übrigens noch heute; ihre Aktien können an der Berliner Börse erworben werden.

Aber auch für ganz "bürgerliche" Beschäftigungen diente das Gelände: Lange Zeit war das Tempelhofer Feld ein beliebtes Ausflugziel der Berliner. An Sommersonntagen zogen sie zu Tausenden "inn't Jrüne", man picknickte, ließ Drachen steigen, suchte nach Pilzen - und beobachtete die teilweise waghalsigen Vorführungen der Flugpioniere.


 

Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug?

Am 29. August 1909 überquert der Zeppelin LZ 6, aus Friedrichshafen kommend, das Feld und wird dabei von einer riesigen Zuschauermenge bestaunt. Kurz darauf veranstaltet Orville Wright, der ohne seinen Bruder Wilbur aus den USA nach Berlin gereist ist, um für die Fliegerei zu werben, eine zweiwöchige Flugschau und zeigt die ersten Motorflüge in Deutschland; dabei stellt er am 17. September mit damals sagenhaften 172 Metern einen Höhen-Weltrekord auf. Hubert Lathan, ein gebürtiger Brite und Wahlfranzose, der Louis Blériot im Rennen um den ersten Flug über den Ärmelkanal unterlegen war, startet in Tempelhof mit seiner "Antoinette" zum ersten deutschen Überlandflug über Rixdorf und Britz zum Flugplatz Johannisthal.


 

Erster? Von wegen!

Johannisthal übrigens, nicht etwa Tempelhof, wurde Ende September 1909 der erste offizielle Flugplatz Deutschlands (und nach Reims der zweite Europas), denn Tempelhof kam, da weiterhin militärisch genutzt, nicht für den regelmäßigen Flugbetrieb in Frage, wenngleich das Kriegsministerium, die künftige Bedeutung der Fliegerei auch für die eigenen Zwecke wohl voraussehend, häufige Ausnahmegenehmigungen für Flugvorführungen erteilte.

Doch Johannisthal lag rund 14 Kilometer südöstlich des Stadtzentrums, der 1915 eröffnete Flugplatz Staaken befand sich rund 18 Kilometer westlich von Berlin und so wurde, insbesondere von Seiten der Reichs-ministerien für Verkehr und Post, der Ruf nach einem "Zentralflughafen" immer lauter. 1922 schließlich begann man mit der Vorbereitung des Geländes für regelmäßigen Flugbetrieb, indem man zunächst das Exerzierfeld einebnete.


 

A Star Is Born

Während der Leipziger Messe 1923 richteten die Junkers-Werke Dessau, Abteilung Luftverkehr Berlin, vom 4. bis 10. März einen regelmäßigen Passagier- und Postflug zwischen Leipzig und Berlin ein. »Luftfahrt. Deutsche Luftfahrer-Zeitschrift« berichtet am 12. April: "Am 7. März war Mockau der Schauplatz einer eindrucksvollen Feierlichkeit. Fünf Junkers-Eindecker brachten den Reichspräsidenten mit zahlreichem Gefolge von Berlin nach Leipzig, und auch die Sächsische Regierung wurde im Flugzeug von Dresden abgeholt. Der Reichspräsident, der durch seine Teilnahme an dem Flug das Interesse der Reichsregierung an der Förderung dieses neuen Verkehrszweiges bekundet hat, eröffnete nach kürzeren Ansprachen den Weltflughafen Leipzig-Mockau. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß die Flugzeuge in Berlin vom Tempelhofer Felde starteten und daß sich dieses Gelände, abgesehen von einigen Unebenheiten, für Start und Landung als geeignet erwies. Schon die kurze Zeit des Messeflugverkehrs erbrachte den deutlichen Beweis, wie vorteilhaft ein dem Zentrum der Stadt nahe gelegener Flughafen ist."

Am 26./27. Juli sowie am 3. August 1923 schloß die Stadt Berlin mit den Luftverkehrsgesellschaften Deutscher Aero-Lloyd und Junkers-Werke, Abteilung Luftverkehr, Verträge über die Einrichtung eines Zentral-flughafens. Die Gesellschaften sorgten für den zunächst behelfsmäßigen Ausbau des "Flughafen Tempelhofer Feld", wie er damals hieß, und errichteten ein 200 Quadratmeter großes, hölzernes Verwaltungs-gebäude sowie zwei Flugzeughallen mit je 1000 Quadratmetern Fläche, ebenfalls aus Holz.

Am 8. Oktober 1923 erfolgte die offizielle Eröffnung des Flughafens. Bis zum Jahresende verzeichnete Tempelhof ein Passagieraufkommen von 150 Personen bei 100 Starts und Landungen sowie einen Fracht-transport von 13.000 Kilogramm - für damalige Verhältnisse ein wahrer Massenbetrieb.


 

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